Arbeiten, wo andere Urlaub machen, ist eine Art Seitenwechsel. Da sieht man auch, was hinter den Kulissen los ist. Und manchmal eröffnen sich dabei ganz andere Perspektiven. Welche Kulissen sich auftun, hängt dabei nicht nur vom Arbeitsplatz ab, sondern auch von der eigenen Neugier. Wie zuvor berichtet, hat Frau Inga im Housekeeping und in einem Supermarkt gearbeitet. Hier hat sie einiges erfahren und erlebt, das besser ungesagt bleibt. (Schon um nachträglichen Ärger zu vermeiden.) Anderes aber darf erzählt werden. Dazu gehört auch die Wohnsituation.
Freut man sich über eine Jobzusage, beinhaltet das auch immer eine Wohnmöglichkeit, die vom Arbeitgeber gestellt wird. Die Kosten dafür werden vom Lohn abgezogen.
In Hotels ist das ein Personalzimmer mit Gemeinschaftsbad. Die Verpflegung bekommt man dann ebenfalls über den Arbeitgeber. Dafür wird ein geringer Betrag vom Lohn abgezogen. Man ist also versorgt. Und demjenigen, der genügsam ist und keine gesundheitliche Einschränkung mitbringt, wie z. B. eine Allergie oder Intoleranz mag damitzufrieden sein.
Bei anderen Arbeitsmöglichkeiten besteht die Unterbringung oft in einem WG-Zimmer. Hier werden Bad und Küche geteilt. Funktioniert die selbst organisierte Zwangsgemeinschaft weniger gut, entstehen schnell Reibungspunkte. Das überträgt sich dann leider auch auf den Arbeitsplatz. Immerhin wohnt man ja mit den Kollegen zusammen. Andere Arbeitgeber bieten ihren Saisonkräften Appartements. Wenn auch klein, hat man hier wirklich Feierabend.
Das Dach über Kopf
Einen Arbeitsplatz mit gleichzeitiger Wohnmöglichkeit zu bekommen, scheint auf den ersten Blick bequem zu sein. Wird aber der Arbeitsplatz gewechselt, bedeutet das automatisch auch einen Umzug.
Diese Situation betrifft allerdings nicht nur Saisonkräfte. Auch Festangestellte kennen dieses Problem. Im Aushang am Rathaus waren gleich mehrere Wohnungsgesuche zu lesen – mit wenig Aussicht auf Antwort. Denn: Es gibt keinen frei verfügbaren Wohnraum.
Wer sich also auf einem der erholsamsten Flecken Erde ein Zuhause einrichten will, braucht viel Geduld und Durchhaltevermögen. Aber auch das nötige Kleingeld. Denn für eine sechzig Quadratmeter große Wohnung kann man schon mal achthundert Euro ohne Nebenkosten ausgeben. Bei Eigentum darf man noch tiefer in die Tasche greifen: Drei bis vier Tausend Euro pro Quadratmeter sind nicht ungewöhnlich.
Insulaner, mit denen ich gesprochen habe, sind alles andere als glücklich mit dieser Situation. Denn in der Saison ist die Insel so voll, dass es mehr als genug Arbeit gibt. Auch tatkräftige Unterstützung würde man bekommen, gäbe es denn Wohnraum zu bezahlbaren Preisen.
Die Konsequenz, die Arbeitgeber daraus ziehen müssen, ist, dass die wöchentliche Arbeitszeit sechs Tage betragen muss. Zumindest überall dort, wo es heißt, es dem Gast angenehm zu machen, also in Gastgewerbe, Gastronomie und Einzelhandel.
Einer alleine schafft’s nicht
Doch leider ist nicht nur der Wohnraum kostspielig, auch die Lebenshaltungskosten sind es. Ein Kunde stellte die Behauptung auf, dass die Grundnahrungsmittel auf der Insel fünfzig Prozent teurer seien als auf dem Festland. Ob das uneingeschränkt gilt, müsste genauer überprüft werden. Tatsache aber ist, dass viele Produkte deutlich teurer sind. So kostet z. B.
- 250 g Butter 2,29 € (anstatt 1,49 €)
- 1 Kilo Auberginen 2,99 € (anstatt 0,99 €)
- 1 Kilo Paprika 3,99 € (anstatt 1,78 €)
- Bioschokolade 1,69 € (anstatt 1,19 €)
- 6 Bio-Eier 2,79 € (anstatt 2,29 – 2,49 €)
… und so weiter, und so weiter. Die Preishöhe wird damit argumentiert, dass alles auf die Insel transportiert werden müsste. Bei einem dort ansässigen Drogeriemarkt waren allerdings keine derartigen Preisabweichungen festzustellen.
Dabei entsprechen die gezahlten Löhne denen auf dem Festland. Da stellt sich schnell die Frage, wie ein angenehmes Leben damit möglich sein soll. Von ansässigen Bewohnern wurde erzählt, dass das nur mit zwei Gehältern realisierbar ist; ein Einkommen wird eben für Wohnung und Lebensunterhalt gebraucht.
Bei diesen Umständen erscheint es undenkbar, dass dort auch Menschen mit geringem Einkommen, Hartz IV oder einer kleinen Rente leben. Doch es scheint so zu sein. Dabei gibt es dort keine Tafeln oder Kleiderkammern. Dafür aber Flaschensammler und schnell immer wieder großzügige Rabatte für abgelaufene Lebensmittel, die schnell vergriffen sind.
Zu erleben, was hinter den Kulissen passiert, ist mit Geld nicht aufzuwiegen
Die Erfahrung, wie es ist, mit geringem Einkommen in einem Touristenort zu leben, habe ich vier Wochen lang gemacht. Es ist knapp und Lebensmittel in Bioqualität sind nicht immer bezahlbar. Wird aber alles frisch gekocht, ist einigermaßen gesundes Essen, das lecker schmeckt, keine Zauberei.
Auch der Wohnraum, wie oben beschrieben, lässt zu wünschen übrig. Dennoch ist die Versuchung groß, das Abenteuer Langeoog zu wiederholen. Es muss ja nicht für immer sein. Das Geschehen hinter den Kulissen zu erleben aber, ist eine solche Erfahrung immer wert.
Einen frohen Tag wünscht euch
Frau Inga
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