Google macht es, Facebook auch und die Deutsche Post sowieso. Die Rede ist vom Sammeln privater Daten. Und wer es bisher noch nicht gewusst hat, der weiß es spätestens seit der Anhörung von Mr Zuckerberg vor dem US-Kongress. Na und, wird so mancher denken, ich habe nichts zu verbergen. Es geht aber nicht darum, ob es etwas zu verbergen gibt, sondern darum was mit dem geschieht, was jeder von uns im Internet preisgibt.
Zu verbergen habe ich auch nichts, immerhin schreibe ich auf diesem Blog. Jeder Leser erfährt damit so einiges über mich und macht sich ein Bild. So weiß jeder, dass ich Mandalas häkle, vegetarisch koche, und mir Gedanken über Glück mache. Daraus kann sich jeder ein Bild von mir machen. Käme es aber zu einer persönlichen Begegnung, wäre sicher der ein oder andere überrascht. Und das ist auch gut so. Denn: Ich bin mehr als meine digitale Identität – viel mehr …
Wahrsager ohne Glaskugel
Die Datensammler gehen da anders vor. Alles, was in Text und Bild gepostet wird, wird analysiert und nach geheim gehaltenen algorithmischen Regeln interpretiert. Dabei helfen sogenannte Tracker, die zwischen den Informationen, die ich auf den unterschiedlichsten Seiten im Internet preisgebe, Beziehungen herstellen und abgleichen. Was dabei herauskommt, ist ein Persönlichkeitsprofil vom Feinsten. Big Data, so nennt man die gesammelten Daten, macht’s möglich. Ich werde zur gläsernen Userin. Die Datensammler wissen deshalb genau, wer ich bin, wie es mir geht oder was gerade in meinem Leben passiert – manchmal sogar, bevor ich es selber weiß …
Denn die gesammelten Daten werden im Kontext zu den individuellen Lebensgewohnheiten interpretiert. Das, was ich auf meinem Blog oder in den sozialen Netzwerken schreibe, wird mit meinen Kaufgewohnheiten im Internet in Korrelation gesetzt. Schaue ich mich beispielsweise öfter mal bei Hochzeitsplanern um, kennen die Datensammler bereits meine Zukunftspläne. Womöglich noch bevor Freunde und Familie davon wissen … Kann nicht sein? Doch! Eine amerikanische Social-Media-Nutzerin berichtet genau dies bei „do not track“.
Datensammler: unsichtbare Begleiter auf Schritt und Tritt
Daten werden aber nicht nur im Internet gesammelt. Sie werden immer gesammelt. Egal wo, egal wann. Aber immer dann, wenn ich in irgendeiner Weise online bin. Also auch, wenn mein Smartphone mit mir zum Einkaufen geht. Nutze ich dann auch noch die Bezahlfunktion meines Handys, wissen die Datensammler genau, was ich eingekauft habe. Und die Taschenlampen-App, ohne Frage ein nützliches Tool, zeichnet ein Bewegungsprofil von mir auf. Ohne dass es mir tatsächlich bewusst ist. Und das darf die sogar, weil ich den Nutzungsbedingungen zugestimmt habe – aber wer liest diese schon?
Mehr noch, die Technik meines Smartphones sucht ständig nach dem besten Verbindungspunkt. Und viele der Apps zeichnen das auf. Wenn jemand nur vier dieser registrierten Standorte kennt, bin ich bereits einwandfrei zu identifizieren – und meine Freunde, meine Gewohnheiten … alles, was mich ausmacht. Smartphones öffnen jedem Tür und Tor, jedoch würde niemand einer vollkommen fremden Person den Wohnungsschlüssel anvertrauen.
Big Data is watching you!
Mit den gesammelten Daten lässt sich Geld verdienen. Sie sind Treibstoff für das Internet. So hat beispielsweise Google im Jahr 2013 einen Umsatz von 55,5 Milliarden US$ erwirtschaftet, indem Daten an Unternehmen verkauft wurden. Da ich über meine ID identifiziert werde, ist es Unternehmen möglich, mir genau die Produkte zu zeigen, die mich interessieren (oder interessieren werden). Das gab es zwar schon immer, hat aber im Internet ganz andere Dimensionen angenommen. Würde mir all die Werbung, die ich täglich im Internet zu sehen bekomme, per Post zugeschickt werden, dann wäre das eine gut gefüllte gelbe Postkiste. Pro Haushalt! Pro Tag!
Na und, das ignoriere ich einfach. Bei Werbung kann man mit dieser Haltung gut leben. Was aber, wenn es um Informationen und Meinungsbildung geht? Alles, was ich klicke und jede Seite, die ich besuche, beeinflusst auch die Menschen, die mit mir „befreundet“ sind. Meine Internetfreunde bekommen dann keine unabhängigen Berichte mehr geliefert. Jedes Suchergebnis wird durch den Algorithmus bestimmt. Es soll schließlich zu mir passen. Damit fühle ich mich in meiner Meinung bestätigt und kann mir auf die Schulter klopfen, weil meine Freunde ja auch dieser Meinung sind. Ist doch toll, oder?
Zu schlecht um wahr zu sein?
Zugegeben, ohne Internet geht’s nicht. Dass aber das, was ich über mich bekannt gebe, interpretiert wird, ohne dass ich irgendeinen Einfluss darauf habe, gefällt mir trotzdem nicht. Und wenn ich mir vorstelle, wie sich das alles weiterentwickeln könnte, läuft es mir kalt den Rücken runter. Schon längst sind Apps und Datenverarbeitungsgeräte, die am Körper getragen werden, sogenannte Wearables, verbreitet. Sie sollen dabei helfen, die eigene Performance zu optimieren. Auch diese Daten werden gesammelt. Diese aber kommerziell zu verwerten schließt der Datenschutz (noch) aus.
Sollte es eines Tages legal sein, die von Wearables gesammelten Daten zu verarbeiten, wird so mancher das Nachsehen haben. Ist jemand beispielsweise Raucher, steigt das Risiko für Krebs und Herzkreislauferkrankungen und damit für die Krankenkassen das Kostenrisiko. Sollten diese Daten verwertet werden, muss jeder Raucher mit einer saftigen Erhöhung des Krankenkassenbeitrages rechnen. Auch Versicherungsgesellschaften verwenden dann diese Information bei der Gestaltung ihrer Tarife. Und potenzielle Arbeitgeber könnten diese Daten bei Auswahlverfahren nutzen … Marc Elsberg beschreibt in seinem spannenden Roman „ZERO – Sie wissen, was du tust“ wie eine solche Zukunft aussehen könnte.
Was die Zukunft bringt
Ich bin froh in einer Gesellschaft zu leben, in der jeder seinen Platz hat, von einem Sozialsystem aufgefangen wird und seine Meinung frei äußern darf. Würden Daten aber verwertet werden, wäre das alles schnell in Gefahr. Wer würde dann noch mit einem guten Gefühl zu einer Demo gehen? Webcams und Apps würden meine Aktivität aufzeichnen und speichern. Heute mag mir das egal sein. In fünf, zehn oder zwanzig Jahren könnte das aber einen entscheidenden Karriereschritt verhindern. Will ich das? Auf keinen Fall! Denn ich bin viel mehr, als meine digitale Identität. Das ist gut so und soll auch so bleiben!
Allen, die mehr über das Geschäft der Datensammler wissen möchten, empfehle ich die preisgekrönte Webserie von upian, BR, arte, ONF (OFFICE NATIONAL DU FILM DU CANADA) „do not track“. Sieben kurzweilige und interessant aufbereitete Folgen führen Schritt für Schritt in die Thematik ein. Presseberichte und Hinweise, wie man verhindert, dass alle Daten gesammelt werden, runden die Serie ab. Ich meine, ansehen kostet nichts und macht auch nicht dümmer.
22.5.2019, Update
In Folge 3 war es bisher möglich, das eigene Facebookprofil analysieren zu lassen. Diese Funktion steht leider, oder glücklicherweise, nicht mehr zur Verfügung. Einen Hinweis darauf, weshalb das so ist, gibt es nicht. Ich vermute, dass die Macher dieser Serie diese Option aufgrund der DSGVO deaktiviert haben. Ein Like dafür!
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Frau Inga
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Alle Abbildungen in diesem Beitrag sind Screenshots der Web-Serie „do not track“